Bewertung American Airlines

American Airlines Bewertung | Notfallsituation auf amerikanisch

American Airlines Flug von Madrid nach Miami

AA8635: Madrid - Miami. Vorfreude auf Weihnachten in der Karibik. Nach 2h Flugzeit gab es die Durchsage "Ob ein Arzt an Bord sei", angeblich war keiner dabei. Da ich den Problemfall schräg hinter mir schon ohnmächtig liegen sah, konnte und wollte ich nicht einfach sitzen bleiben. Ich bin Krankenschwester auf einer ITS und meine Tochter befindet sich im 2. Ausbildungsjahr zur Krankenschwester. Also beste Trainingsvoraussetzungen. Meine Tochter nahm auch gleich die Abkürzung über die mittlere Viererreihe, um schnellstmöglich bei dem ohnmächtigen Teenager aufzuschlagen. Raus aus der Reihe, Beine hoch, hätten auch schon die Stewarts veranlassen können. Die eben noch "getretene" Viererreihe machte ihre Plätze leer, um das Mädchen dort zu platzieren.

Das Messen des Blutdruckes gestaltete sich nicht nur wegen des Lärmpegels (80 dB) äußerst schwer, es funktionierte leider auch keine Manschette. Völliger Konstruktionsfehler. Egal, sie hatte geschätzt eine 80-er Diastole. Ja, bissel trinken, rumlaufen und vllt. ein kühles Tuch waren unsere ersten Empfehlungen. Alles wieder auf die Plätze und weiter ging der Flug. Bis zur nächsten Durchsage. Leider war inzwischen kein Arzt hinzugestiegen und Assistentin M und Schwester U. begaben sich zum 2. Mal zum Teenager E. Wieder schwer erweckbar mit schweißig kalter Peripherie und hysterischer Mutter.

Wieder Aufforderung zum Trinken usw. Das mit dem "Rumlaufen" ist ja schon etwas schwierig, aber es hilft dem Kreislauf. Man muss es eben nur tun. Also bin ich mit E. einmal im Flieger zur Ersten- und Businessclass geschlürft. Eigene Angehörige schaffen sowas leider nicht. Nochmalige Ermahnung zur oralen Flüssigkeitsaufnahme. Natürlich alles in Englisch. Alles wieder auf die Plätze und weiter ging der Flug. Bis zur nächsten Durchsage. Den Text hatten wir schon, egal da oben hatten wir das ja auch schon alles mehrmals. Diesmal hatte es E. schon mal bis ins Heck des Fliegers geschafft. Das hieß, E. hatte sich bewegt. Sie lag bereits am Boden und Mom hatte schon mal die Beine in der Hand. Gute Mutter.

Nun war langsam guter Rat nicht nur teuer sondern auch notwendig. Das orale Befüllen endete mit einigen schwallartigen Erbrechungen. Die Reisezeit betrug noch ca. 4 h und unter uns der Atlantik. Okay, dann her mit dem Infusionsbesteck. Darauf reagierte die immer wieder komatöse E. mit einem heftigen Hysterieanfall. Mom tat es ihr gleich. Bei der Frage nach Alternativen gab es nur noch trinken (ohne erbrechen) oder landen. Beide Wahlmöglichkeiten schieden aus. Also schleppte die Besatzung, deutlich erleichtert, das gesamte Bordequipment zu uns. 3 Koffer wurden aufgerissen und lächelnd präsentiert. Meine Assistentin suchte vergebens nach Händedesinfektion, Stauschlauch und einer geeigneten Flüssigkeit für die schwer zu erreichen seiende Vene von E.

Die gefundenen Handschuhe würde man in Deutschland als Haushaltshandschuhe bezeichnen, aber besser als nichts. Da ich zusätzlich noch Fachschwester für Infektionsprävention und Krankenhaushygiene bin, hatte ich nun die Auswahl Sagrotanähnliche Tücher zur Hautdesinfektion einer Venenpunktion zu verwenden oder Sagrotanähnliche Tücher zu verwenden. Wieder nichts zum Wählen. Der immer noch vermisste Stauschlauch, den man unbedingt benötigt um eine Vene zu finden, wurde durch des Stewarts Gürtel ersetzt. Das war mal Einsatz. Die erste Punktion verlief frustran, weil man einem dehydrierten Körper leider auch schlechte Venenverhältnisse nachsagt.

Nochmaliges Gutzureden der Patientin und siehe da, eine erfolgreich punktierte Vene. Da will ich gerade die unfixierte Flexüle mit der Infusuion verbinden, fliegt der Pilot freundliche defixiernde Manöver. Es waren natürlich Turbulenzen, konnte keiner was dafür. Na ja ein Pflaster hätte das Ganze vllt. gehalten, aber diesen Luxus konnten wir leider nicht finden. Schwupps, da war die Flexüle raus und weiteres Material war leider nicht vorhanden. Die nun blutende Einstichstelle musste ich mit einem Verband versehen, weil kein Pflaster. Sah super nach großem Kino aus. Die erbeutete Infusionslösung betrug 250 ml und war eine Glucose 5%. Mehr wäre eh nicht drin gewesen. Nun kommt also der Pilot in "sein" Heck und befragt uns nach der Körpertemperatur von E. Ja, im Ebolazeitalter natürlich berechtigt, hier allerdings eher zu vernachlässigen.

Nach mehrmaliger Mitteilung, dass die Temperatur lediglich 36,7 Grad betrug, stand nun immer noch die Frage der Zwischenlandung im Raum, äh also im Flieger. Option 2h bis zu den Bahamas oder 3h bis zum Reiseziel Miami! Meine weiteren Therapieideen hielten sich in Grenzen, deshalb sollten die Erziehungsberechtigten das entscheiden. Nach einigem hin und her entschied der Kapitän, dass wir weiter fliegen, natürlich nicht ohne sich noch einmal nach der Körpertemperatur von E. zu erkundigen. Meine war gefühlt auf 39 Grad gestiegen und auch ich musste mich erstmal mit dem Ausgleich meiner Flüssigkeitsverluste beschäftigen. Langsam war auch der Wasservorrat im Flieger gesunken proportional zu unserer Laune.

Meine letzte nicht besonders medizinisch hochwertige Idee war dann, dass man versucht E. nebst Mutter in eine Liegeposition der Businessclass zu verlegen. Und siehe da, es fanden sich 2 der viel begehrten Liegesitzplätze. Dort platziert verschlief E. den Restflug. Nur Assistentin M. und ich waren nicht mehr im Stande zu schlafen. Bei jedem "Pling" dachten wir, den immer noch vermissten Docter ersetzen zu müssen. Das Kabinenpersonal hat dann mehrfach nach meinen persönlichen Daten gefragt "der Pilot brauchte diese, bitte auch die Passnummer"! Ich dachte für ein Dankeschön?! Heute weiß ich, dass man ein Protokoll zu solchen Vorkommnissen schreibt und dafür natürlich auch gerne den benennt der da oben der Chaosmanager war.

Die Gedanken auf einem AA-Flug über dem Atlantik für irgendwas haftbar zu sein, hatte ich zum Glück erst, als ich wieder in Deutschland war. Im Internet liest man ja noch bessere Geschichten und man erfährt auch von verschiedenen Airlines die Kofferbestückungsliste für den Notfallinhalt. Echt sehr hilfreich.



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 - schlecht    - geht so   - mittel    - gut    - vorbildlich

  • Service
  • - geht so
  • Essensqualität
  • - geht so
  • Unterhaltung
  • - geht so
  • Sauberkeit
  • - geht so
  • Freundlichkeit
  • - gut
  • Pünktlichkeit
  • - mittel
  • Sitzkomfort
  • - geht so
  • Preis-Leistung
  • - geht so
  • Durchschnitt
  • 2.38 Sterne
  • geflogen
  • 20. Dezember 2014
  • Flug Nr.
  • AA8635
  • Klasse
  • Economy
  • Reiseart
  • Privat/Urlaub


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Kommentare

bisher 4 Kommentare

    • AAA

    Was bringt uns diese Bewertung?

    Wie war die Pünktlichkeit, der Service, das Unterhaltungsprogramm, usw. Wollen Sie uns sagen, dass AA für medizinische Notfälle nicht gut genug gerüstet ist? Ich denke dass das bei fast allen Airlines gleich oder ähnlich ist.

    • Armin

    Notfallsituation

    Super, dass sie Zivilcourage bewiesen und eingegriffen haben. Zum Glück haben sie die Flugbegleiter zu der Patientin gelassen - bei den Guideline-verrückten Amerikanern ist das nicht selbstverständlich. Da wurden vom Bordpersonal auch schon mal Ärzte nicht zu einer CPR gelassen, weil die nur den eintrainierten Ablauf (halbautomatischer Defibrillator) stören könnten! Nach meinem Wissensstand können sie in einem amerikanischen Notfallset nicht unbedingt als Infusion eine Iono oder Ringer erwarten.


    Standard z. B. auf US-Rettungswagen ist immer noch NACL 0,9% und eben Glucose 5%. Das Problem mit dem Geräuschpegel beim Blutdruckmessen kann ich nachvollziehen - passiert auch, wenn neben dir die Feuerwehr mit dem Rettungsspreizer arbeitet. Dann muss man halt improvisieren und lediglich palpatorisch messen. Ist zwar wirklich nur gut geschätzt - aber immerhin.

    • Chris

    Respekt

    Hallo Ute , Respekt dass Sie Verantwortung ünernommen haben. Wieso wären sie für irgend etwas haftbar gewesen?

    • Hans

    Erstaunlich

    Ein gut verfasster Beitrag. Glaubhaft und seriös formuliert. Aber bitte wie hilfreich ist es, wenn ein solcher Beitrag hier erscheint? Gegen die Veröffentlichung spricht natürlich nichts. Wesentlich besser wäre es allerdings gewesen, man hätte diesen Vorgang - so wie hier verfasst - der Airline (AA) und vor allem der US-Luftaufsichtsbehörde (FAA) übermittelt. Offensichtlich hat das Personal wenig professionell agiert und die notwendige Notfallausstattung verfügte wohl noch über einige Reserven.


    Ob man mit der Weitergabe der Information wirklich etwas erreicht - damit man zukünftig besser aufgestellt ist - ist sicherlich fraglich. Wer allerdings nichts tut, darf auch keine Verbesserungen erwarten. Und solange die Damen und Herren Flugbegleiter eine "3 Monats-Kurzausbildung" erhalten, darf man im Segment der medizinischen Notfallversorgung von den Airlines nicht viel erwarten.

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